Das GuT-Profil besuchte am 1.03. das Tropenaquarium im Kontext des Semesterthemas "Evolution". Die Schüler_innen reflektierten ihren Besuch in Form von Essays und gingen dabei der Frage nach, inwiefern es sich hierbei um ein "Darwineum" handle.
Inwiefern ist das Tropen-Aquarium ein „Darwineum“?
von Marlena Pupke
Auf den ersten Blick offenbart einem das Tropen-Aquarium eine enorme Artenvielfalt. Doch schon auf den zweiten Blick erkennt man Verwandtschaftsbeziehungen zwischen den Arten. Verwandtschaftsbeziehungen, die Darwins Evolutionstheorie belegen.
So ähnelt der flache Panzer der Australischen Schlangenschildkröte stark dem der Rotbach-Spitzkopfschildkröte, welche auch eine ähnliche Farbgebung aufweist. Bei genauerer Betrachtung der Systematik der Schildkröten bestätigt sich die Vermutung der Verwandtschaft: Beide Arten gehören der Familie der Schlangenhalsschildkröten (Chelidae) an.
Doch nicht nur derart offensichtliche Verwandtschaftsbeziehungen, welche auf eine gemeinsame Abstammung entsprechender Arten hindeuten, werden deutlich, sondern auch die schon von Darwin vorhergesagte Abstammung aller heutiger Lebewesen von früheren, einfachen Formen. Infotafeln informieren über den Panderichty: Eine vor ca. 385 Millionen Jahren lebende Fischart, welche vermutlich der Urahn aller Landwirbeltiere ist. Aus ihm entwickelten sich Arten mit einem immer ausgeprägteren Skelett und Extremitäten, die denen der heutigen Landwirbeltiere schon erstaunlich ähnlich waren, was den Landgang der Wirbeltiere ermöglichte. Damit begann die Erschließung des Landes und unzählbar vielen ökologischen Nischen, an die sich die Lebewesen im Laufe der Zeit immer besser anpassen konnten.
Die Angepasstheit der Lebewesen ist beim Gang durch das Tropen-Aquarium sofort erkennbar. So kann man z.B. die hochentwickelten Augen von Chamäleons bestaunen, welche sie unabhängig voneinander bewegen können, sodass sie potentielle Beute schnell erkennen. Außerdem sind sie mit ihren zangenähnlichen Greiffüßen ideal an das Klettern auf Bäumen angepasst. Auch das Phänomen der Koevolution verdeutlicht die enorme Anpassung der Arten an die verschiedenen Gegebenheiten der Umwelt: Die beiden Schlangenarten Hundskopfschlinger (Südamerika) und Grüne Baumpython (Neuguinea, Nord-Ost-Australien) haben sich beide unabhängig voneinander auf die Jagd in den Bäumen des Regenwaldes spezialisiert. Ihr Phänotyp ist daher erstaunlich ähnlich, insbesondere betrifft dies die grüne Färbung zur Tarnung und den kräftigen Greifschwanz zum Klettern. Die evolutive Konvergenz der beiden Arten lässt sich auch in ihrem Verhalten erkennen: Sie lauern nachts in einer aufgerollten Liegeposition auf Ästen und würgen Vögel und kleine Säuger, die in ihre Reichweite gelangen, zu Tode.
Derartige Anpassungen sah auch Darwin als Vertreter des Gradualismus als die Ursache für die enorme Artenvielfalt dieser Erde.
Ein Darwineum im eigentlichen Sinne ist das Tropen-Aquarium aber nicht.
Viele Aspekte, auf die sich Charles Darwin stützte, werden nicht dargestellt. Dies betrifft insbesondere Darwins Beobachtungen von freilebenden Populationen und seine darauf basierenden Schlussfolgerungen, die aber essentiell sind für das Nachvollziehen seiner Evolutionstheorie sind. Die da wären, dass innerartliche Konkurrenz zu konstanten Populationsgrößen führt, Individuen mit bestimmten (erblich bedingen) Varietäten besser an Umweltbedingungen angepasst sind als andere und dass diese wegen begrenzter Ressourcen bessere Überlebens- und Fortpflanzungschancen haben (natürliche Selektion). Daraus ergibt sich, dass bestimmte Merkmale vermehrt vererbt werden und somit ein ständiger Artwandel hin zur bestmöglichen Anpassung an den jeweiligen Lebensraum der Lebewesen erfolgt.
Abschließend lässt sich sagen, dass das Tropen-Aquarium kein Darwineum darstellt, da es fundamentale Überlegungen Darwins und insbesondere seine Erkenntnis, dass die natürliche Selektion die Triebfeder der Evolution ist, außer Acht lässt. Es zeigt dennoch hautnah den zentralen Kerngedanken von Darwins Evolutionstheorie:
Die gemeinsame Abstammung und Verwandtschaft der Arten, die sich stets weiterentwickeln und an ihre Umwelt anpassen, woraus sich eine derart erstaunliche Artenvielfalt ergibt.
Foto von Bastiam Samm